VON DER URNATUR DES MENSCHEN oder
Das Berufsbild des Ayurveda-Praktikers in Österreich
von Ingrun Fürnsinn
Wer von uns kann schon sagen, er sei er selbst?
Wer lebt wirklich das, was seinem innersten Wesen entspricht?
Wer hat sich noch nicht im Spiegel des Lebens selbst betrachtet und festgestellt – eigentlich bin ich doch ganz anders!
Kannst du noch fühlen, wie die Winde des Universums mit dir spielen und du mit ihnen? Wie die Feuer der Verwandlung dich zu Asche verbrennen und deine Essenz daraus neu entstehen lassen – immer wieder, ein Vorgang, den man „leben“ nennt?
Oder wann ist dieser Zugang zum Innersten und dessen Wirken hinaus in die Welt verloren gegangen?
Ayurveda – das „wahre Wissen vom Leben“ – die aus Indien stammende Jahrtausende alte und sich doch stets erneuernde Gesundheitslehre im weitesten Sinn – weiß die Antwort und kennt die Lösung.
Im Menschen als einem Mikrokosmos herrschen dieselben Kräfte wie im Makrokosmos.
Es sind dies der Wind (vayu), der große Spieler, der deinen Geist berührt und der den ersten Impuls zu einer Bewegung schafft.
Es ist das Feuer (tejas), das Leben und Tod mit sich führt – das Licht und die Wärme des Lebens, die schwarze Asche des Todes.
Es ist das Wasser (apa), das Fließen selbst, das durch Adern rauscht und den Keim zum Wachsen bringt.
Es ist die Erde (prithivi), die Nährende, die dir festen Halt und einen Standpunkt ermöglicht und die in ihrer Tiefe unermessliche Schätze birgt.
Und es ist der Raum (akasha), in dessen Weite deine Seele klingt.
In jedem Menschen wirken diese Kräfte in einem ganz bestimmten und ganz persönlichen Verhältnis zusammen. Körper, Seele und Geist bilden eine einzigartige Ganzheit, eine individuelle Harmonie . Jeder ist einmalig und auf seine Art vollkommen, solange sich die Kräfte im Gleichgewicht befinden.
Doch sind wir vielen Faktoren ausgesetzt, die auf dieses Gefüge störend einwirken.
Übermäßige Belastungen und Stress, falsche Ernährung und Lebensweise, Umweltgifte, einseitige Betätigung, Überforderung durch Beruf und/oder Familie, Abstumpfung des Geistes durch Reizüberflutung oder Oberflächlichkeit und – und – und – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Ein gesunder Mensch, ein gesunder Organismus kann Schwankungen und Beeinträchtigungen seiner Lebensumstände bis zu einem gewissen Grad gut ausgleichen. Sind die Belastungen aber zu massiv oder dauern allzu lange an, so wird der Organismus geschwächt, bis schließlich seine Regenerations- und Selbstorganisationsfähigkeit nicht mehr ausreicht um das natürliche Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.
Energiemangel, Verlust von Lebensfreude und Motivation sowie allgemein beeinträchtigtes Wohlbefinden sind bereits die ersten Anzeichen für eine Störung der Harmonie.
Der Mensch braucht Hilfe. Wird jetzt nicht regulierend eingegriffen, so entstehen deutlichere Beschwerden wie z.B. erste Burnout-Symptome, Rückenprobleme, Migräne, Verdauungsstörungen etc. und schließlich manifestieren sich Krankheiten.
Das Bestreben von Ayurveda geht dahin, bereits im Vorfeld anzusetzen. Es soll gar nicht erst so weit kommen.
Deshalb steht im Ayurveda nicht die Behandlung von Krankheiten, sondern die Gesunderhaltung, die Prävention an erster Stelle.
Wie im alten China so wurden früher auch die ayurvedischen Ärzte (vaidya) von ihrem Klienten nur bezahlt, solange dieser gesund war. Wurde er krank, so lag es im Eigeninteresse des Arztes, dessen Gesundheit so rasch als möglich wieder herzustellen. – Ein sehr effizientes System!
Der geschulte Ayurveda-Praktiker kann im Bereich der Gesundheitsvorsorge wichtige Aufgaben übernehmen.
Er ist imstande aus einer Vielzahl von oft kleinen Hinweisen die Urnatur (prakriti), d.h. das individuelle Zusammenspiel der Kräfte in einem jeden Menschen wahrzunehmen. Er erkennt bereits erste Abweichungen (vikriti) vom Optimalzustand und weiß sie zu deuten. Aus einer großen Vielfalt von Maßnahmen trifft er die richtige, persönlich abgestimmte Auswahl. So gelingt es ihm meist, das körperliche und das seelische Milieu und somit auch die dort stattfindenden Vorgänge und Funktionen in ganzheitlicher Weise zu verbessern.
Die Fülle der Maßnahmen, die dem Ayurveda – Praktiker zur Verfügung stehen, umfasst ein sehr weites Spektrum. Es lässt sich in folgende Schwerpunkte gliedern:
- Ernährung: „Gesundheit beginnt im Darm“ – diesen Wahlspruch beherzigt auch Ayurveda. Darüber hinaus wird aber noch die individuelle Konstitution (vata, pitta, kapha) berücksichtigt, sodass für jeden ein typgerechtes Ernährungstraining maßgeschneidert werden kann.
Dazu muss der Ayurveda – Praktiker die ayurvedischen Eigenschaften der einzelnen Lebensmittel und Zubereitungsformen, die Geheimnisse der Kräuter und Gewürze gut kennen.
- Lebensstil: Es gibt keine Idealform der Lebensführung, die für alle Menschen gleichermaßen gut geeignet wäre. Ein Ayurveda-Praktiker lernt die einzelnen Konstitutionstypen sicher zu unterscheiden (vata, pitta, kapha und Mischformen) und kennt eine Fülle von Empfehlungen für einen individuell optimal angepassten Lebensstil.
Ohne dogmatisch erhobenen Zeigefinger gibt er Tipps zum Tagesablauf, zu einzelnen Phasen des Jahres, für jeweils angebrachte Übungen oder zur geistigen Hygiene.
- Massagen: Die Wohltat ayurvedischer Massagen ist legendär.
Warme, duftende und aufwändig hergestellte Öle nähren und kräftigen den Organismus in verschwenderischer Fülle. Oft kommen auch wertvolle Pulver oder Pasten, Seidentücher, Edelsteine, Klänge, Farben, Düfte u.v.m. zur Anwendung.
Die Techniken reichen vom sanften, entspannenden Abhyanga mit seinen fließenden Bewegungen über anregende Stoffwechselmassagen bis hin zum kraftvollen Muskelaufbau für Krieger/Sportler (z.B. Nadi Uzhichil aus der Kalari-Tradition) oder Chavitti, der intensivsten Massage aus Südindien, die mit den Füßen ausgeführt wird. Auch Teilmassagen, wie etwa für Rücken oder Beine werden häufig verabreicht. Bestimmte Vitalpunkte (marma) und Bahnen (nadi) werden dabei beachtet.
Ein Ayurveda-Praktiker beherrscht wahrhaftig die hohe Kunst der Berührung, er kann den Körper mit seinen Händen „lesen“ und be-greifen. Die Massagen sind im wahrsten Sinn des Wortes das Herz-Stück seiner Ausbildung.
- Güsse: Güsse werden mit verschiedensten Substanzen durchgeführt, über begrenzten Körperregionen oder am ganzen Körper.
Am bekanntesten ist der Stirnguss (shirodhara), bei dem warmes Öl in einem sanft schwingenden Rhythmus über die Stirne fließt – eine wahrhaftig königliche Wohltat. Sie kommt vor allem bei Stress, übermäßiger Denkarbeit und Kopfbeschwerden zum Einsatz.
- Spezialanwendungen: Die Fülle an ayurvedischen Spezialanwendungen lässt sich hier gar nicht aufzählen.
Erwähnt seien etwa die äußerst effektiven Massagen mit heißen Kräuterbeuteln, die z.B. bei schmerzhaften Verspannungen, aber auch bei Cellulite besonders wirksam sind.
Oder: Ölfüllungen in einem Teigring (z.B. kadivasti) wärmen in die Tiefe, kräftigen intensiv und bauen auf (z.B. Wirbelsäule, Bandscheiben, Knie, Herz …)
Spezielle Reinigungsverfahren machen Nase und Nebenhöhlen frei (nasya), beseitigen Ablagerungen aus dem Darm oder entgiften über die Haut (z.B. Dampf- und Schwitzanwendungen)
- Bewegen und Dehnen: Ayurveda, bzw. Kalari kennt aktive und passive Dehn- und Bewegungstechniken. Sie kräftigen die Gelenke, Sehnen, Muskeln, kurz: den gesamten Bewegungsapparat und machen ihn geschmeidig. Auch Beeinträchtigungen können damit in vielen Fällen ausgeglichen werden.
- Schönheit: Das innere Leuchten nach außen sichtbar machen – so versteht Ayurveda das Thema Schönheitspflege. Dafür werden nur Substanzen verwendet, die man auch von innen an den Körper heranbringen (sprich „essen“) könnte.
- Spirituelle Gesundheit: Als ganzheitlichem System ist dem Ayurveda die spirituelle Gesundheit und Weiterentwicklung ein besonders wichtiges Anliegen. Mit persönlicher Beratung, Meditation, Klang, mit energetischen und tranceähnlichen Techniken hilft der Ayurveda-Praktiker unserer Seele, sich zu entfalten.
- Ayurveda-Kuren: Besonders schön und wirkungsvoll ist es, Ayurveda während einer Kur als lebendiges Ganzes zu erfahren.
So vielfältig wie die Bedürfnisse der Menschen sind auch die individuell begleiteten Kuren. Es gibt Kuren zur tiefgreifenden Reinigung, für Entspannung und Stressabbau, für den Bewegungsapparat, zur Gewichtsabnahme, zur Kräftigung und Vitalisierung, für Schönheit und Wellness, zur Verjüngung, Zellerneuerung und Regeneration (rasayana) uvm. .
Der Schwerpunkt von Ayurveda und seinen Anwendungen liegt also deutlich in den Bereichen der Gesundheitsvorsorge/-prävention und Regeneration.
Grenzen sind dem Ayurveda-Praktiker dort gesetzt, wo aus einer Dysbalance oder bloßen Befindlichkeitsstörungen ernsthafte, diagnostizierbare Krankheiten entstanden sind. (Die korrekte Berufsbezeichnung in Österreich lautet daher auch „Ayurveda-Wohlfühl-Praktiker/in“.) Krankheiten und medizinische Probleme gehören in die Hand eines Arztes.
Deshalb wird ein seriöser Ayurveda-Praktiker etwa die tiefgreifende mehrwöchige Panchakarma–Kur immer nur in Zusammenarbeit mit einem ayurvedisch möglichst gut geschulten Arzt anbieten, der die diagnostische Abklärung übernimmt und alle medizinischen Entscheidungen trifft.
Wie überhaupt die Zusammenarbeit zwischen Ayurveda-Arzt und Ayurveda-Praktiker eine äußerst fruchtbare und erfolgreiche sein kann und großes Zukunftspotential in sich birgt.
Selbstverständlich kann kein Ayurveda-Praktiker das ganz ungeheure Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten vollständig abdecken.
Neben seiner fundierten 3-jährigen Grundausbildung, die ihn zum Bezug des Gewerbescheins berechtigt, wird er daher persönliche Schwerpunkte setzen. Auch die Wahl seines Arbeitsplatzes kann sehr unterschiedlich ausfallen: in der selbständigen Praxis, im Team eines Gesundheitszentrums, in der betrieblichen Gesundheitsvorsorge, in der Pflege, Geriatrie, in Urlaubsresorts, Wellnesszentren, im Kurhotel oder gar auf Saisonarbeit in der Schweiz, in Portugal … warum nicht?
Überall kann er mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten einen wichtigen Beitrag zu Gesundheit, Wohlbefinden und Glück seiner Mitmenschen leisten.
Sein eigentliches Anliegen geht aber noch tiefer: Indem er das Zusammenspiel der kosmischen Kräfte auf der körperlichen und spirituellen Ebene wieder optimiert, begleitet er Menschen auf einer spannenden Reise zu sich selbst, zu ihrer liebevoll strahlenden Urnatur (prakriti), sodass sich ihr ureigenstes Wesen offenbaren und entfalten kann.
Wo könnte er damit wohl am besten beginnen? – Nun, bei sich selbst – und das schon möglichst während der Ausbildung!
Es gibt nur wenige Schulen oder Lehrstätten, die ihre Ausbildungen vor diesem Hintergrund ausrichten.
Eine davon ist die Ayurveda-Schule „Kremstal“ in Niederösterreich unter der erfahrenen Leitung von Ingrun Fürnsinn. Idyllisch gelegen und in der geborgenen Atmosphäre von Kleingruppen bietet sie fundierte Ayurveda-Ausbildungen auf hohem Niveau an. Die TeilnehmerInnen kommen nicht nur aus Niederösterreich, sondern auch aus Wien, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
Es wird dort besonderer Wert gelegt auf authentisches Wissen, intensives Praxis-Training, individuelle Ausbildungskonzepte und hochwertige Begleitmaterialien.
All dies bildet den inspirierenden Rahmen nicht nur für den Erwerb von Wissen und Können sondern auch für die persönliche Weiterentwicklung.
Erstmals erschienen in „Gesundheitsbote“ FNL, 2010/1, außerdem auf ayurveda-portal.de
© Ingrun Fürnsinn
Zitate aus dem Text sind nur bei gleichzeitiger Nennung von Autorin und homepage www.ayurveda-schule.at gestattet!!
Elke Heinzl, eine unserer Absolventinnen im Interview mit dem 1424 Jugendmagazin NÖ
Berufscheck Ayurvedapraktiker
1424: Wie bist du auf die Idee gekommen diesen Beruf zu erlernen?
Ich suchte nach einer abwechslungsreichen Tätigkeit, die für mich Sinn ergab, in der es keinen Stillstand gibt und bei der ich eine Menge für mich persönlich lernen kann.
1424: War es schwer einen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zu finden?
Ich übe meinen Beruf als selbständige Ayurvedapraktikerin in St. Pölten aus. Gleich nach abgeschlossener Ausbildung konnte ich meinen Gewerbeschein beantragen. Ich hätte aber auch eine Stelle im Angestelltenverhältnis suchen können.
1424: Wie lange dauert diese Ausbildung und wo ist die Berufsschule?
Die Ayurveda Ausbildung dauert 3 Jahre und ist auch berufsbegleitend möglich. Wenn man schon Vorbildung auf irgendeinem Gebiet hat (z.B. Massage, Yoga…), kann man auch in kürzerer Zeit absolvieren. Der Standort der Ayurveda-Schule „Kremstal“ (Leitung: Ingrun Fürnsinn) ist in Krems. (Anm.: mittlerweile in Laaben im Wienerwald)
1424: Gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten?
Da Ayurveda übersetzt „Wissen des Lebens“ bedeutet, kann man in diesem Beruf nie auslernen und sich in jede Richtung weiterbilden. Das ist auch wichtig, denn Ayurveda ist ein lebendiges, wandlungsfähiges System.
1424: Welche Voraussetzungen sollte man deiner Meinung nach für diesen Beruf mitbringen?
Freude am Umgang mit Menschen, keine Berührungsängste und die Bereitschaft Ayurveda im eigenen Leben zu integrieren. Auch gutes Einfühlungsvermögen und Eigenverantwortung sind wichtig, außerdem Interesse für die Bereiche Gesundheit und Massage.
1424: Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich vergebe Termine nach vorheriger Absprache. Ein großer Teil meiner Klienten sucht bei mir die Erholung vom Arbeitsalltag und kann bei den warmen, duftenden Ölen gut abschalten. Andere kommen zur Gesundheitsvorsorge oder weil sie sich über ihren ayurvedischen Typ aufklären lassen wollen oder wegen kleinerer Beschwerden. Ayurvedische Anwendungen lösen z. B. Verspannungen, verbessern den Schlaf, stärken Muskulatur und Gelenke, regenerieren die Zellen und entspannen bei Stress. Auch Schönheitspflege, Ernährungsweise oder Sportmassagen sind Teilbereiche des Ayurveda. Alles lässt sich hier gar nicht aufzählen. Mein Schwerpunkt sind einfach die sehr wirkungsvollen Ayurveda-Massagen. Auch den bekannten ayurvedischen Stirnölguss biete ich an. Die Klienten finden bei mir eine ruhige, stressfreie Atmosphäre vor, ich nehme mir Zeit für ein einleitendes Gespräch, für die Auswahl der Öle und die Bestimmung des ayurvedischen Konstitutionstyps. Ein Erfolgskonzept wird erstellt. Oft runde ich den Termin noch mit ayurvedischen Tipps zu Lebensstil und Ernährung ab.
1424: Denkst du, dass du den richtigen Beruf gewählt hast?
Ich bin mir zu 100 % sicher, da der Beruf Spaß macht und sich eigentlich wie ein Hobby anfühlt.
1424: Was würdest du jemandem raten, der Ayurvedapraktiker werden möchte?
Da man nach der Ausbildung sofort beginnen kann, empfehle ich allen, schon vor dem Abschluss auf den späteren Beruf hinzuarbeiten. Wenn man selbstständig sein will, gehören dazu die Suche nach Räumlichkeiten oder Partnern sowie der Aufbau eines Klientenkreises, mit dem man schon bei den Übungsmassagen beginnen kann. Wer eine Anstellung sucht, sollte rechtzeitig mit Kurzentren, Hotels, Urlaubsressorts, Fitnessstudios, Wellnesszentren oder Ärzten Kontakt aufnehmen. Die Bereitschaft zu einem Ortswechsel ist dabei vorteilhaft.
Erschienen im 1424 Jugendmagazin NÖ 04/2010
siehe auch: http://www.1424.info/dokumente/mag04_10.pdf
Ayurveda-Schule Kremstal
Ingrun Fürnsinn
Vorträge und Seminare sind auf Anfrage für Gruppen buchbar in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg
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